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Nose-to-tail: Spitzenküche mit Schnauze und Schwänzchen

Die Küche von Harald Wohlfahrt war Anfang der Woche Schauplatz für den neunten CookTank von Sternefresser.de. Die innovativsten Köche der nächsten Generation diskutierten neue Ideen und kochten gemeinsam zum Thema Nose-to-tail.

b0971398dcfb45ab_400x400arBaiersbronn, 27. Februar 2015 – Schweinskopf, Taubenherzen, Wildschweinblut oder Fischflossen waren am Montag nur einige der ungewöhnlichen Zutaten in der Küche von Harald Wohlfahrt. Als Gastgeber der neunten Koch- und Denkfabrik teilte der Drei-Sterne-Koch sein Reich im Traditionshotel Traube Tonbach mit aufstrebenden Talenten aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden. Zwischen Herd, Küchenpass und Restaurant kochten und diskutierten elf geladene Küchenchefs mit Kollegen und Medienvertretern. Das Online-Magazin Sternefresser.de hatte zum Austausch in den Schwarzwald gebeten. „Wir wollten diesmal der jungen Generation eine Bühne geben und sie an einem Ort vereinen, der schon seit Jahrzehnten als Kaderschmiede für erfolgreiche Nachwuchsköche gilt“, erklärt CookTank-Gründer Christian Stromann das Ziel des Workshops in der legendären Schwarzwaldstube.

Im Fokus des gemeinsamen Kochens stand eine Idee, die zurzeit eine kulinarische Renaissance erlebt: Die sogenannte „Nose-to-tail“-Küche. Der Grundgedanke, neben den Edelstücken möglichst viel vom ganzen Tier zu essen, ist dabei keineswegs revolutionär. Einst war dieser Brauch weit verbreitet – teils aus der Not eines kargen Speiseplans geboren, teils einfach Ausdruck einer bodenständigen Regionalküche. „In anderen Ländern ist das ganzheitliche Verwerten noch heute selbstverständlich“, bestätigt Thomas Vilgis, der das Thema als Lebensmittelexperte des Max-Planck-Instituts in einem Kurzvortrag beleuchtete. Doch in den Menüs der Sternerestaurants hierzulande sind Innereien wie Kutteln und Niere oder gar Kalbsschwanz und Schweinsfüße wenig populär. Dass diese Zutaten auch für die Spitzenküche ihren Reiz haben, zeigte der CookTank.

Herausgekommen sind zwölf Gerichte und eine Diskussion, die das Für und Wider des Trends zur Sprache brachte. Welche Teile vom Tier können verwendet werden, was schmeckt wie zubereitet besonders gut und was eignet sich überhaupt nicht zum Verzehr? Die Küchenchefs nutzten die Chance zum Erfahrungsaustausch. Unabhängig davon stellt sich für viele die Frage, wie am Ende der Gast auf derartige Ingredienzien reagiert. Problematisch ist neben der Akzeptanz vor allem eine kontinuierliche und qualitativ gleichbleibende Bezugsquelle. „Auch wenn der Ansatz lobenswert ist – nicht jeder Koch hat heutzutage noch einen Züchter oder Jäger in der Nähe, bei dem er Hirschzungen oder 20 Taubenherzen fürs Menü bestellen kann“, gibt Sternekoch Benjamin Peifer vom Urgestein in der Pfalz zu bedenken und stößt auf breiten Zuspruch.

Auf den Tellern zeigt sich, wie unterschiedlich die Ideen der CookTank-Teilnehmer sind. Als jüngster Küchenchef des Tages interpretiert Harald Irka den südamerikanischen Eintopf-Klassiker „Feijoada“ ebenso radikal wie intelligent. Optisch unscheinbar hat es das herbe Gericht des 23-Jährigen aus der Südoststeiermark in sich: Der Österreicher verkocht Leber, Herz, Milz, Zunge und die Speiseröhre sowie das Blut vom Wildschein zu einer Art pikanter Wurst und serviert diese mit heimischen Feuerbohnen, schwarzem Rettich und geräuchertem Hirn.

Eine nordische Herangehensweise zeichnet das Gericht von Tony Hohlfeld aus der Ole Deele bei Hannover aus. Der 25-Jährige entschied sich für die Moorschnucke als regionales Hauptprodukt, weil dies „das einzige, richtig gute Fleisch“ in seiner Region sei. Zu Rücken und Bäckchen reicht der junge Sternekoch eine würzige Consomée aus Füßen und Oberschenkeln, während als Beigaben nur Zutaten zum Einsatz kommen, die im natürlichen Lebensraum des Huftiers wachsen: Fichtensprossen, Pilze, Birkenblätter und Kräuter sowie in der eigenen Erde gegarte Karotten.

Wie enorm kreativ ein eher gewöhnlicher Speisefisch zubereitet werden kann, macht der Beitrag von Syrco Bakker deutlich. Der niederländische Kandidat aus dem Pure C im Küstenort Cadzand hat einen 5-Kilo-Kabeljau für seine 25 Kostproben gewählt und den ganzen Fisch von Kopf bis Flosse verarbeitet. Bereits die Präsentation sichert dem Sergio Herman-Schüler die volle Aufmerksamkeit: Angerichtet wird auf jeweils fünf Löffeln, auf denen sich das Bauchfleisch als Dim Sum, das Filet mit eigenem Rogen, die Fischhaut in einer Brandade sowie Fischkopfsülze und ein Tatar aus dem Flossenfilet des Kabeljaus finden. Selbst die Reste von Fischhaut und -gräten werden getrocknet als Menükartenhalter verwendet. Gepaart mit Zutaten der holländischen Seelandschaft wie Salzkräutern, Algen und Sanddorn verfliegt bei diesem Gericht jede Skepsis darüber, ob Nose-to-tail und Spitzenküche tatsächlich vereinbar sind.

Als einer von drei Wildcard-Gewinnern hat Robert Rädel vom Landgut Lingental die Jury wie auch die Köche beim CookTank mit „Taube von Kopf bis Fuß“ überzeugt. Der 32-jährige Dresdner zerlegt dafür französische Miéral-Taube in ihre Einzelteile: Gegrilltes Herz, ein Sandwich von geschmorter Leber und das gebratene Bruststück kommen mit Roggenbrotcreme, gepufftem Roggen und fermentiertem Rotkohl auf den Teller. Für eine intensive Farbgebung sorgt ein blubbernder Sud von entsaftetem Rotkohl.

Hinter den Kulissen wird indes im Team gearbeitet: Seite an Seite helfen sich die Köche, um alle Kostproben vorzubereiten. Auch Gastgeber Harald Wohlfahrt legt beim Anrichten immer wieder Hand an und zeigt sich sichtlich beeindruckt, vom Können seiner jungen Kollegen: „Was ich gesehen und probiert habe, ist qualitativ weit höher angesiedelt, als ich es mir vorstellen konnte.“ Bei der Verkostungsrunde wird jedes Gericht besprochen und Feedback gegeben. „Es geht um den Austausch, man spricht miteinander und sieht sehr viel Neues – das macht die Veranstaltung besonders“, fasst Christian Geisler vom Kunsthof im Schweizer Uznach den Tag zusammen.

In der Schwarzwaldstube kamen am 23. Februar elf Spitzenköche aus vier Ländern zusammen. Der österreichische Drei-Hauben-Koch Harald Irka (23) aus den Saziani Stubn im Straden kochte mit Christian Geisler (29) vom Kunsthof im Schweizer Uznach, dem Niederländer Syrco Bakker (30) vom Pure C in Cadzand und Tohru Nakamura (31) aus Geisels Werneckhof in München. Hinzu kamen Tony Hohlfeld (25) aus der Ole Deele in Burgwedel, Benjamin Maerz (26) aus der Rose in Bietigheim und Benjamin Peifer (28) vom Urgestein in Neustadt sowie der ehemalige Schüler des Gastgebers, Tristan Brandt (30), vom Opus V in Mannheim. Für die Wildcards zum Köchetreffen setzten sich aus 29 Bewerbern Robin Pietsch (25) aus dem Zeitwerk ̈in Wernigerode, Moritz Crone-Rawe (25) von Rolling Taste aus Hamburg und Robert Rädel (32) vom Landgut Lingental in Leimen mit ihren Rezeptideen durch. Unterstützt wurde die Veranstaltung von der Porzellan-Manufaktur Hering Berlin.

Bildernachweis:
1. Bild: Elf junge Spitzenköche mit Gastgeber Harald Wohlfahrt in der Küche der Schwarzwaldstube_(c) Klaus Einwanger / white-plate.com
2. Bild: Der niederländische Sternekoch Syrco Bakker begeisterte die Küchenchefs mit seinem fünfteiligen Löffelgreicht (c) Klaus Einwanger / white-plate com
3. Bild: Das Gericht von Wildcard-Gewinner Robert Rädel vom Lamgut Lingental_c Klaus Einwanger / white-plate.com

Wohlfahrts Schüler erkochen über 60 Sterne

Wie es ist, wenn sich Schüler und Lehrmeister nach vielen Jahren wieder eine Küche teilen, zeigten in dieser Woche die Drei-Sterne-Köche Christian Bau und Harald Wohlfahrt. Gemeinsam kochten sie ein Gourmetdinner für 200 Gäste in der Traube Tonbach. Wie viel beide Spitzenköche mit dem Traditionshaus in Baiersbronn verbinden und wie stolz der Küchenchef der Schwarzwaldstube auf die Erfolge seiner ehemaligen „Wohlfahrt-Schüler“ ist, wurde dabei besonders deutlich.  

BAIERSBRONN / TONBACH, 04. April 2014 – Neben dem kulinarischen Intermezzo am Herd prägten am 1. April große Zahlen und schöne Erinnerungen den Abend in der Traube Tonbach. Nicht nur das Traditionshotel feiert in diesem Jahr sein 225-jähriges Bestehen, auch Küchenchef Harald Wohlfahrt wurde während der Begrüßungsrede zum Gastkochdinner mit seinem ehemaligen Souschef und heutigem Drei-Sterne-Kollegen Christian Bau auf ein Jubiläum aufmerksam gemacht: Auf den Tag genau vor 38 Jahren begann 1976 seine eigene Karriere als 20-jähriger Saucier in der Traube Tonbach.

Wohlfahrts heutige Wirkungsstätte, die renommierte Schwarzwaldstube, befand sich damals noch in der Planung, doch Traube-Inhaber Heiner Finkbeiner glaubte an das große Talent seines Neuzugangs und ließ ihn 1977 ins neue Gourmetrestaurant des Hotels vorrücken. Die Zwischenbilanz nach 38 Dienstjahren zeugt vom richtigen Gespür. Als Küchenchef erreicht Wohlfahrt mit seinem Team alle Höchstbewertungen in den relevanten Gastronomie-Guides und hält diese Auszeichnungen seit über zwei Jahrzehnten. Durch seine Kochkunst, seinen Ehrgeiz und die Unterstützung des Hauses wurde aus der Schwarzwaldstube eine der ersten Gourmetadressen Europas und aus dem Fünf-Sterne-Superior-Hotel im Schwarzwald ein Reiseziel für Feinschmecker weltweit.

Besonders stolz ist der 58-jährige jedoch auf seine Schüler, denn die Schwarzwaldstube gilt auch als Kaderschmiede für den Köche-Nachwuchs. „Mitzuerleben, wie viele meiner Mitarbeiter erfolgreich ihre ganz eigene Linie entwickeln und selbst hervorragende Köche geworden sind, ist die schönste Bestätigung für meine Arbeit“, so Wohlfahrt. „Ich freue mich, dass ich der nächsten Generation etwas Rüstzeug für ihre Zukunft mit auf den Weg geben kann.“ Kein anderer deutscher Spitzenkoch hat so viele besternte Köche mit ausgebildet oder als Mentor begleitet wie der Grand Chef aus Baiersbronn. Heiner Finkbeiner teilt den Stolz seines langjährigen Küchenchefs und verdeutlicht: „Von den vielen talentierten Köchen, die sich auf einem Posten in der Schwarzwaldstube bewiesen haben und einen Teil ihrer Lehr- und Wanderjahre hier in der Traube Tonbach verbrachten, kochen heute rund 40 selbst erfolgreich auf Sterneniveau – mehr als 10 sogar mit zwei oder drei Sternen.“

Neben den Drei-Sterne-Köchen Klaus Erfort, Kevin Fehling, Thomas Bühner und Joachim Wissler gehört auch Christian Bau vom Victor’s Gourmet Restaurant Schloss Berg nahe Trier zu jenen, die es mit einer knapp fünfjährigen Station in der Traube Tonbach zu Beginn seiner Kochkarriere in die Top-Liga der deutschen Spitzenköche geschafft haben. Als junger Commis kommt er 1993 in die Schwarzwaldstube, anderthalb Jahre später wird er mit gerade mal 23 Jahren Wohlfahrts Souschef, während seine Frau Yildiz im Service des Restaurants arbeitet. „Kochen konnte ich damals schon ganz ordentlich“, erklärt der heute 43-jährige Dreisterner, „aber meine Frau und ich haben in der Traube alles gelernt, was wir für unser eigenes Restaurant brauchen – den Feinschliff in der Küche, den richtigen Umgang mit Gästen, Mitarbeitern und Medien, aber vor allem den Qualitätsanspruch fürs Gastgebersein.“

Heute gehört Bau wie Wohlfahrt zu den besten Köchen Deutschlands und ist einer von gerade mal elf dreifach besternten Kollegen. Sein einstiger Lehrmeister ist ein guter Freund geworden, doch bleibt immer auch Mentor und Ratgeber. Wie eng die Beziehung ist, wird deutlich, wenn Wohlfahrt selbst gefragt wird: „Es ist die größte Reputation für mich, wie erfolgreich Christian Bau ist.“

Weitere Schüler von Harald Wohlfahrt in der Traube Tonbach waren im Laufe der Jahre u.a. die Sterneköche Jörg Sackmann (Restaurant Schlossberg, Baiersbronn), Hendrik Otto (Lorenz Esszimmer, Berlin), Christoph Rüffer (Haerlin, Hamburg), Sebastian Zier (Arosa, Sylt), Silvio Nickol (Palais Coburg, Wien, Österreich), Wolfgang Becker (Becker’s, Trier), Dirk Hoberg (Ophelia, Konstanz), Douce Steiner (Gasthaus zum Hirschen, Sulzburg), Matthias Diether (First Floor, Berlin), Nouri Wahabi (Piment, Hamburg), Paul Stradner (Brenners Park-Restaurant, Baden-Baden), Boris Benecke (Wald & Schloßhotel Friedrichruhe), Klaus Erfort (Gästehaus Erfort, Saarbrücken), Thomas Bühner (La Vie, Osnabrück) und Kevin Fehling (La Belle Epoque, Travemünde).

Bild: ©Traube Tonbach / Harald Wohlfahrt und Christian Bau

„Der Feinschmecker“ Restaurant Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach auf Platz 5

Baiersbronn (wg) – Das Restaurant Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn im Schwarzwald gehört für das Fachmagazin „Der Feinschmecker“ zu den fünf besten Restaurants in Europa. In der Liste der 50 besten Locations setzte das Gourmet-Journal das Restaurant auf Platz 5.

In der mit „Gelassenheit“ überschriebenen Laudatio loben die Experten die Schwarzwaldstube wie folgt: „Ein Wellnesshotel, das ständig in allen Bereichen modernisiert wird, dafür steht die Familie Finkbeiner. Ein Gourmetrestaurant, das stets up to date ist, dafür stehen Harald Wohlfahrt, Chefkoch seit 32 Jahren, Stéphane Gass, Sommelier seit 21 Jahren, und Ansgar Fischer, Maître seit elf Jahren. Diese Kontinuität, gepaart mit dem Können der Akteure, erklärt die Vollendung in jedem Detail, macht die ‚Schwarzwaldstube’ zum Restaurant auf der Höhe der Kunst. Diese Spitzenposition verteidigen die Akteure mit großem Engagement, aber auch mit souveräner Gelassenheit.“

Die Nr. 1 in Europa ist für das Magazin „El Celler de Can Roca“ von Joan, Jordi und Josep Roca in Girona (Spanien). Zweiter ist das „Oud Sluis“ von Sergio Herman in Sluis (Niederlande) vor dem „L’Astrance“ mit Pascal Barbot in Paris. Das „Plaza Athénée“ von Alain Ducasse in Paris, in dem dessen Statthalter Christophe Saintagne agiert, landete auf Platz vier vor der Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach.

Das Team des „Feinschmeckers“ bewertete bei seinem Ranking die Restaurants aus der Gastperspektive. „Den Genuss, den wir von einem Abend erwarten, schöpfen wir zuerst aus dem, was auf dem Teller vor uns liegt. Hinzu kommt aber auch die Stimmung, in die ein Restaurant uns versetzt“, heißt es zur Begründung.

„Die Bewertung auf Platz fünf in Europa ehrt uns sehr. Sie ist auch Bestätigung für unser Motto „Alles ist Genuss“ in der Traube Tonbach“, kommentierte Inhaber Heiner Finkbeiner das Ranking.  Gleichzeitig sei das Resultat die Bestätigung dafür, dass auch ein deutscher Koch wie Harald Wohlfahrt in der Haute Cuisine wichtige Akzente setzen kann, urteilte der Patron, der seit 1993 den Familienbetrieb im Tonbachtal führt und zum begehrten Ziel von Gourmets gemacht hat.

Auch Harald Wohlfahrt freute sich über die ausgezeichnete Bewertung. „Entscheidend ist, dass diese Leistung nur mit einem guten Team und der Unterstützung des Unternehmens möglich ist. Hier habe  ich in der Traube Tonbach dafür die besten Voraussetzungen“, sagte der Drei-Sterne-Koch, der seit 35 Jahren in der Schwarzwaldstube wirkt.

Bild: Harald Wohlfahrt – Hotel Traube Tonbach